Zahl der Flüchtlinge
Die Zahl der Asylbewerber*innen in Deutschland ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Seit dem Frühjahr 2016 ging die Zahl der Neuzugänge von Asylsuchenden wieder zurück.
Wie viele Asylanträge werden in Deutschland gestellt?
2020
- Zwischen Januar und August 2020 wurden 74.429 Asylanträge gestellt, davon waren 64.003 Erstanträge.
- Das sind rund 35 Prozent weniger Anträge als im Vorjahr.
- Über 102.262 Anträge hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entschieden. Die Schutzquote lag bei 41,2 Prozent.Quelle
2019
Im Jahr 2019 gab es insgesamt 165.938 Asylanträge, davon 142.509 Erstanträge. In etwa einem Fünftel der Fälle handelt es sich um Anträge von in Deutschland geborenen Kindern von Asylbewerbern oder anerkannten Flüchtlingen. Die Hauptherkunftsländer der Antragsteller*innen waren Syrien, Afghanistan und die Türkei. Über 183.954 Anträge hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in dieser Zeit entschieden. Die Schutzquote lag bei 38,2 Prozent.Quelle
Monatlich aktualisierte Zahlen zu den Asylanträgen bietet die Publikation "Aktuellen Zahlen zu Asyl" vom BAMF.
Woher kommen die Antragsteller*innen?
Zwischen Januar und August 2020 kamen die meisten Asylantragsteller*innen aus folgenden Ländern:
Wie viele Flüchtlinge erhalten Schutz in Deutschland?
Über 102.262 Asylanträge hat das BAMF zwischen Januar und August 2020 entschieden. 42.086 Personen wurde Schutz zugesprochen. Das ergibt eine Schutzquote von 41,2 Prozent (Gesamtschutzquote).Quelle
Von ihnen erhielten:
- 24.760 Menschen "Flüchtlingsschutz" nach § 3 Asylverfahrensgesetz,
- 1.243 Menschen "Asyl" nach Artikel 16a des Grundgesetzes,
- 12.267 Menschen subsidiären Schutz,
- 3.816 Menschen ein Abschiebeverbot aufgrund des EU-Rechts oder internationaler Abkommen.
Jahreszahlen 2019
- Entscheidungen: 183.954
- Positive Entscheidungen: 70.329
- Schutzquote: 38,2 Prozent
- Flüchtlingsschutz: 42.861 / Asylberechtigte nach Artikel 16a GG: 2.192 / subsidiärer Schutz: 19.419 / Abschiebeverbot: 5.857.Quelle
Obwohl Asylbescheide auf Bundesebene vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erlassen werden, gibt es beachtliche Unterschiede zwischen den Schutzquoten in den einzelnen Bundesländern. So lag 2019 die Schutzquote für afghanische Asylsuchende in Bremen bei bei rund 48 Prozent – in Sachsen bei lediglich 29 Prozent.Quelle
Das BAMF erklärt die Diskrepanzen zum Teil dadurch, dass Asylanträge ungleichmäßig unter den Bundesländern verteilt sind. Eine Untersuchung der Universität Konstanz führt die Unterschiede hingegen auf den sozioökonomischen Hintergrund der Entscheider sowie auf die bürokratische Überlastung der Behörden zurück.Quelle
Bereinigte Schutzquote: Die Gesamtschutzquote gibt keine Auskunft darüber, wie viele Asylbewerber tatsächlich schutzbedürftig sind. Denn viele Anträge werden "formell" entschieden, also ohne inhaltliche Prüfung. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Asylantrag zurückgezogen wurde oder ein anderes EU-Land zuständig ist. Zieht man von den bearbeiteten Fällen die „formellen Entscheidungen“ ab, kommt man für das Zeitfenster Januar-August 2020 auf eine "bereinigte" Schutzquote von etwa 55 Prozent.Quelle
Wie viele Frauen und Kinder sind unter den Geflüchteten?
Unter den Asylbewerber*innen, die zwischen Januar und Juli 2020 in Deutschland einen Antrag gestellt haben, waren rund 43 Prozent Mädchen und Frauen. In der Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen gab es mit rund 32 Prozent den geringsten Frauenanteil.
Unter den Kindern (unter 16 Jahre) ist das Geschlechterverhältnis ausgeglichener, hier überwiegt der Anteil der Jungen nur leicht. Seit 2016 ist der Frauenanteil unter den Flüchtlingen um rund acht Prozentpunkte gestiegen.
Die Flüchtlinge sind im Durchschnitt sehr jung: Mehr als drei Viertel der Asylbewerber*innen, die zwischen Januar und August 2020 einen Antrag gestellt haben, waren unter 30 Jahre alt. Minderjährige machten etwa 54 Prozent der Asylbewerber*innen aus.Quelle
Wie viele Angehörige ziehen zu Flüchtlingen in Deutschland?
2019 wurden weltweit 107.520 Visa zum Zweck der Familienzusammenführung ausgestellt – davon 22.744 an Menschen, die aus den drei wichtigsten Flüchtlings-Herkunftsländern kommen: Syrien (18.205 Visa), Irak (2.858 Visa) und Afghanistan (1.681 Visa).
2018 wurden weltweit 107.354 Familiennachzugs-Visa vergeben – davon 21.071 an Syrer, 6.404 an Iraker und 1.937 an Afghanen.Quelle
Wie ist die Rechtslage?
Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge haben das Recht, Ehegatten und minderjährige Kinder nach Deutschland nachzuholen. Unbegleitete Minderjährige können ihre Eltern nachziehen lassen. Im Unterschied zu anderen Nicht-EU-Bürgern haben anerkannte Flüchtlinge beim Familiennachzug besondere Rechte: Sie müssen nicht nachweisen, dass sie dafür über ausreichend Einkommen und Wohnraum verfügen – vorausgesetzt, der Nachzug wird innerhalb von drei Monaten beantragt, nachdem sie als Flüchtlinge anerkannt wurden.Quelle
Für Geflüchtete, die "subsidiären Schutz" erhalten, gelten andere Regelungen: Zwischen März 2016 und Juli 2018 durften sie keine Familienangehörigen zu sich nach Deutschland holen. Seit dem 1. August 2018 ist das wieder erlaubt. Vorgesehen sind jedoch nur 1.000 Menschen pro Monat – Härtefälle sind davon ausgenommen.Quelle
Wie viele Angehörige ziehen zu "subsidiär Schutzberechtigten"?
Zwischen August und Dezember 2018 erhielten 2.612 Familienangehörige von subsidiär Schutzberechtigten ein Visum. Das monatliche Kontingent von 1.000 Personen wurde also zunächst nicht ausgeschöpft. Das änderte sich 2019: Zwischen Januar und November 2019 wurden 10.461 solcher Visa erteilt. Die Monats-Zahlen lagen im Durchschnitt knapp unter 1.000.Quelle
Zahlen des Auswärtigen Amtes zeigen, dass viele Angehörige von subsidiär Schutzberechtigten noch auf einen Familiennachzug warten: Ende 2019 lagen den diplomatischen Außenstellen in Libanon, Jordanien, Nord-Irak, Türkei und Ägypten etwa 22.000 Terminanfragen zur Beantragung eines entsprechenden Visums vor.Quelle
Wie viele Flüchtlinge leben in Deutschland?
Laut einer Sonderauswertung des Statistischen Bundesamts basierend auf Daten des Ausländerzentralregisters (AZR) lebten zum Stichtag 31.12.2019 etwa 1,8 Millionen Schutzsuchende in Deutschland. Ihre Zahl stieg im Vergleich zum Vorjahr um drei Prozent.
Rund 1,4 Millionen von ihnen verfügten über einen humanitären Aufenthaltstitel, also einen anerkannten Schutzstatus. In 80 Prozent der Fälle ist der Status zeitlich befristet.Quelle
Die gewöhnlichsten Schutzformen sind Schutz nach Artikel 16 des Grundgesetzes, Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention, subsidiärer Schutz und das Abschiebeverbot.
In Deutschland leben (Zahlen gerundet):
- 12.200 Asylberechtigte nach Artikel 16a des Grundgesetzes.
- 615.700 Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Die meisten von ihnen kommen aus Syrien und dem Irak und sind überwiegend in den letzten fünf Jahren nach Deutschland gekommen.
- 235.800 subsidiär Schutzberechtigte. Auch von ihnen kommen die meisten aus Syrien und dem Irak und sind erst vor kurzem nach Deutschland eingereist.
- 112.500 Menschen, für die Abschiebeverbot gilt. Die meisten von ihnen kommen aus Afghanistan.Quelle
Schutzbedürftige Ausländer*innen können auch ohne einen positiven Asylbescheid Schutz in Deutschland erhalten. Zu den rund 1,4 Millionen Menschen, die Schutz bekommen haben, gehören auch:
- 22.700 Personen, denen eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis "zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland" erteilt wurde (AufenthG §23 Absatz 2). Die meisten von ihnen leben schon seit langem in Deutschland und kommen aus der ehemaligen Sowjetunion.
- 6.300 Menschen, denen aus "dringenden humanitären oder persönlichen Gründen" ein befristeter Aufenthalt gewährt wird.
- 21.700 Menschen, denen die Bundesländer aus besonderen humanitären Gründen Schutz gewährt haben. Das ist zum Beispiel der Fall bei Syrern, die im Rahmen der Aufnahmeprogramme der Länder eingereist sind.
- 38.800 ausreisepflichtigen Ausländer, deren Ausreise „aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen“ seit mehr als 18 Monaten nicht möglich ist. Die meisten von ihnen sind abgelehnte Asylbewerber.Quelle
Hinzu kommen 266.000 Personen mit offenem Schutzstatus, über deren Asylantrag noch nicht rechtskräftig entschieden wurde. Sowie 213.000 Personen, deren Asylgesuch abgelehnt wurde oder die ihren Schutzstatus verloren haben. 84 Prozent von ihnen leben als sogenannte Geduldete in Deutschland.Quelle
Wie groß ist der Bearbeitungsstau bei Asylanträgen?
Ende August 2020 lagen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nach eigenen Angaben 43.316 Asylanträge, bei denen die Entscheidung noch anstand. Nachdem die Zahl über Jahre angestiegen ist, geht sie seit Oktober 2016 tendenziell zurück. Gleichzeitig haben viele Asylbewerber*innen gegen die Bescheide des BAMF geklagt: Zum Stichtag 30.96.2020 waren an den Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten rund 230.000 Verfahren im Bereich Asyl anhängig. Rund 15 Prozent aller Klagen waren im erstan Halbjahr 2020 erfolgreich. Wenn man allerdings die Fälle abzieht, in denen es zu keinem Urteil kam – etwa weil die Klage zurückgenommen wurde oder weil mehrere verbundenen Klagen zusammengezogen wurden – kommt man auf eine Erfolgsquote von rund 30 Prozent.Quelle
Wie viele Asylanträge werden in der EU gestellt?
2019
Nach Angaben des Europäischen Statistikamts haben 2019 rund 721.000 Menschen einen Asylantrag in den 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union gestellt (Erst- und Folgeanträge) – das sind rund 11 Prozent mehr Asylanträge als 2018. Die meisten Antragsteller*innen kamen aus Syrien (74.375), Afghanistan (52.545), Venezuela (44.760), und Kolumbien (31.815).
Die meisten Asylanträge gab es in folgenden Ländern (Zahlen aufgerundet):
- Deutschland: 165.600
- Frankreich: 151.100
- Spanien: 117.800
- Griechenland: 77.300
- Großbritannien: 46.000
Im Verhältnis zur Einwohnerzahl war die Zahl der Antragsteller im ersten Halbjahr 2019 am höchsten in:
- Zypern: etwa 11,4 Antragsteller pro Tausend Einwohner
- Malta: 8,1
- Griechenland: 7,2
- Luxemburg: 3,7
- Deutschland: 2
Quelle
2018
Rund 664.000 Menschen haben im Gesamtjahr 2018 einen Asylantrag in der Europäischen Union gestellt. Die meisten von ihnen kamen aus Syrien (83.430), Afghanistan (45.825), dem Irak (44.360), und Nigeria (25.150).Quelle
Bearbeitungsstau: Rund 985.000 Antragsteller*innen warteten zum Stichtag 31.12.2019 in der gesamten EU auf eine Entscheidung über ihren Asylantrag, davon etwa 326.800 in Deutschland (wobei Eurostat auch anhängige Gerichtsverfahren einrechnet).Quelle
Wie viele Flüchtlinge gibt es weltweit?
Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) schätzt, dass Ende 2019 die Zahl der Geflüchteten und Vertriebenen (forcibly displaced) weltweit auf 79,5 Millionen gestiegen ist – das sind 8,7 Millionen Menschen mehr als Ende 2018. Etwa 40 Prozent aller Geflüchteten sind Kinder.
- Der Großteil der Betroffenen, rund 45,7 Millionen, ist innerhalb des eigenen Landes auf der Flucht (Binnenflüchtlinge).
- Weitere 26 Millionen sind anerkannte Flüchtlinge – also Menschen, denen gemäß internationaler Abkommen Schutz gewährt wurde.
- 5,6 sind staatenlose Palästinenserinnen und Palästinenser unter Mandat des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA).
- 4,2 Millionen sind Asylsuchende – also Flüchtlinge, die noch auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten.Quelle
Die meisten Flüchtlinge kommen aus Syrien (6,6 Millionen Menschen), Venezuela (3,7 Millionen) und Afghanistan (2,7 Millionen).Quelle
Binnenflüchtlinge und Asylsuchende werden vom UNHCR erst seit 2007 erfasst. Will man die Entwicklung der Flüchtlingszahlen zurückverfolgen, muss man auf die Statistik von "anerkannten Flüchtlingen" zurückgreifen. Danach erreichte die Zahl der Geflüchteten im Jahr 1992 mit rund 18 Millionen ihren Höhepunkt. Seit 2012 steigt sie erneut an.Quelle
Welches Land nimmt weltweit die meisten Flüchtlinge auf?
Die Frage lässt sich nicht so einfach beantworten: Anders als in Deutschland gibt es in vielen Aufnahmeländern kein funktionierendes Asylsystem. Das heißt, Geflüchtete werden dort nicht automatisch registriert. Knapp 60 Prozent der rund 79,5 Millionen Menschen, die weltweit auf der Flucht sind, konnten außerdem das eigene Land nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR nicht verlassen. Sie werden als sogenannte Internally Displaced People (Binnenflüchtlinge) gezählt. Die meisten Geflüchteten, die Schutz im Ausland finden, bleiben zudem in der Nähe ihrer Heimat.Quelle
Der UNHCR veröffentlicht jedes halbe Jahr Daten darüber, wie viele Menschen schätzungsweise als Flüchtlinge oder unter "flüchtlingsähnlichen Bedingungen" leben. Wenn man die Zahlen der im Land lebenden Flüchtlinge und Asylbewerber addiert, stand Deutschland Ende 2019 auf Platz zwei der Länder, die die meisten Asylsuchenden weltweit aufgenommen haben.Quelle
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