Ausbildung
Junge Erwachsene mit Migrationshintergrund haben schlechtere Chancen auf einen Ausbildungsplatz als Gleichaltrige ohne Migrationshintergrund. Woran liegt das? Und welche Erfahrungen machen Unternehmen, die Jugendliche aus Einwandererfamilien ausbilden? Wichtige Studien und Statistiken haben wir hier zusammengefasst:
Wie viele Bewerber haben einen Migrationshintergrund?
36 Prozent der Jugendlichen, die sich 2018 für eine Ausbildung beworben haben, hatten einen Migrationshintergrund. Ihr Anteil ist in den vergangenen Jahren gestiegen: 2016 lag er noch bei 29 Prozent. Die Zahlen beziehen sich allerdings nur auf Menschen, die sich über die Bundesagentur für Arbeit für eine Ausbildung bewerben. Wie viele sich direkt bei Betrieben bewerben, ist nicht bekannt.Quelle
Wie viele finden einen Ausbildungsplatz?
Die aktuellsten Zahlen liegen für das Jahr 2016 vor. Damals konnte nur etwa jeder vierte Bewerber mit Migrationshintergrund eine Ausbildung beginnen (29 Prozent). Bei Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund waren es deutlich mehr (47 Prozent). Gezählt wurde, in wie vielen Fällen eine Bewerbung über die Bundesagentur für Arbeit bis zum Jahresende erfolgreich war.Quelle
In wie vielen Betrieben gibt es Auszubildende mit Migrationshintergrund?
Die aktuellste Erhebung ist aus dem Jahr 2015. Damals bildeten etwa zwölf Prozent der befragten Ausbildungsbetriebe Jugendliche mit Migrationshintergrund aus. Jeder vierte Betrieb hatte in den zurückliegenden fünf Jahren Erfahrungen mit Azubis aus Einwandererfamilien gesammelt (rund 26 Prozent). Die Mehrheit der Ausbildungsbetriebe hatte noch nie Jugendliche mit Migrationshintergrund ausgebildet (rund 59 Prozent).Quelle
Eine Studie aus Süddeutschland zeigt: Drei von vier Betrieben, die Auszubildende mit Migrationshintergrund einstellen, sind mit deren Arbeit genauso zufrieden wie mit der Arbeit von Azubis ohne Migrationshintergrund. Auch die Jugendlichen sind mit ihrem Ausbildungsalltag überwiegend zufrieden und fühlen sich im Betrieb gut integriert.Quelle
Diskriminierung bei der Ausbildungssuche
Junge Menschen mit Migrationshintergrund haben schlechtere Chancen bei der Ausbildungssuche als Gleichaltrige ohne Migrationshintergrund. Das zeigen mehrere Studien:
- Aus einer Berechnung von 2018 geht hervor: Selbst bei ähnlichen schulischen Leistungen und vergleichbaren Interessen haben Jugendliche mit Migrationshintergrund schlechtere Aussichten auf einen Ausbildungsplatz. Das trifft vor allem auf Menschen mit türkischem oder arabischem Migrationshintergrund zu.Quelle
- Laut einer Studie von 2014 müssen Bewerberinnen und Bewerber mit deutschen Namen im Schnitt fünf Bewerbungen schreiben, um zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Bei Bewerberinnen und Bewerbern mit türkischen Namen waren es sieben Bewerbungen. Letztere erhalten außerdem häufiger Absagen.Quelle
- Aus dem Ausbildungsreport 2015 des Deutschen Gewerkschaftsbunds geht hervor: Rund 14 Prozent der Auszubildenden mit Migrationshintergrund empfanden es als schwer, einen Ausbildungsplatz zu finden. Bei Auszubildenden ohne Migrationshintergrund waren es neun Prozent. Rund zwölf Prozent der Auszubildenden mit Migrationshintergrund sagten, dass sie sich bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz wegen ihrer Herkunft oder Staatsangehörigkeit diskriminiert gefühlt haben.Quelle
- Eine Befragung von Ausbildungsbetrieben aus dem Jahr 2015 zeigt, dass es in Unternehmen Vorbehalte gegenüber Auszubildenden mit Migrationshintergrund gibt. Von den Betrieben, die noch keine Azubis aus Einwandererfamilien hatten, befürchteten 38 Prozent Sprachbarrieren. Rund 15 Prozent hatten Sorge, dass "kulturelle Unterschiede" das Betriebsklima "belasten" könnten.Quelle
Welche Statistiken gibt es und was sagen sie aus?
Ausbildungsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit
Die Ausbildungsmarktstatistik erfasst alle Menschen, die sich über die Bundesagentur für Arbeit für eine Ausbildungsstelle bewerben. Sie erhält jedoch nur Angaben zur Staatsbürgerschaft der Bewerberinnen und Bewerber – nicht aber zum Migrationshintergrund.Quellen
BA/BIBB-Bewerberbefragung
Detailliertere Informationen bietet die "Bewerberbefragung" des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Alle zwei Jahre zieht das Institut dafür eine Stichprobe aller Ausbildungs-Bewerberinnen und -Bewerber. Am Ende des Vermittlungsjahres wird erhoben, wie erfolgreich sie bei der Ausbildungssuche waren. Bei dieser Befragung wird auch der Migrationshintergrund erfasst – wobei die Definition teilweise von der des Statistischen Bundesamtes abweicht. In der Stichprobe enthalten sind auch Geflüchtete, die sich um eine Ausbildung beworben haben. 2018 wurde diese Gruppe erstmals gesondert befragt, in der "BA/BIBB-Fluchtmigrationsstudie". Die Ergebnisse der Befragungen werden im Datenreport zum Berufsbildungsbericht veröffentlicht. Quelle
Mikrozensus
Auch aus dem Mikrozensus wurden bislang Zahlen zur Ausbildung abgeleitet – unter anderem die "Ausbildungsanfängerquote und die " "Ausbildungsabsolventenquote". Für die vergangenen Jahre sind diese Zahlen jedoch nur wenig aussagekräftig. Der Grund: Seit 2015 sind viele Geflüchtete nach Deutschland zugewandert, von denen nur wenige kurzfristig einen Ausbildungsplatz gefunden haben. Das führte dazu, dass die "Ausbildungsabsolventenquote" deutlich gesunken ist. Die niedrigere Quote bedeutet aber nicht, dass sich die Bedingungen am Ausbildungsmarkt verschlechtert haben, sondern lediglich, dass sich die Altersgruppe anders zusammensetzt.Quelle
News Zum Thema: Ausbildung
Ausbildung Warum Bewerbungen oft erfolglos bleiben
Immer mehr Jugendliche mit Migrationshintergrund bewerben sich um eine Ausbildung – allerdings oft ohne Erfolg. Laut Fachleuten liegt das auch an Vorbehalten in den Unternehmen. Dabei sind Betriebe, die Auszubildende aus Einwandererfamilien einstellen, sehr zufrieden mit deren Arbeit.
Integrationsgipfel "Der Fokus auf Migranten allein ist falsch"
Migrationsforscher Klaus J. Bade war seit 2006 bei jedem Integrationsgipfel geladen. Dass es in diesem Jahr erstmals einen inhaltlichen Schwerpunkt gab, sieht er als Erfolg. Seine Kritik betrifft eine grundlegendere Frage: Der diskutierte Ansatz von "Fördern und Fordern" mit Blick auf Migranten greife zu kurz. Schon wieder werde die Frage nach Zugehörigkeitsgefühlen übersehen. Und bei diesem Thema dürfe man längst nicht mehr nur Menschen aus Einwandererfamilien in den Blick nehmen.
Lagebericht zur Integration Guter Schulabschluss kein Erfolgsgarant
Alle zwei Jahre veröffentlicht die Integrationsbeauftragte des Bundes einen Lagebericht. Er fasst die wichtigsten Zahlen, Fakten und Studien zur Einwanderung und Integration für die Bundesrepublik zusammen. Bei der Vorstellung des 10. Berichts in Berlin wurde deutlich, dass bei Bildung, Arbeitsmarkt und Gesundheit noch erheblicher Handlungsbedarf besteht. So seien beispielsweise Abiturienten mit Migrationshintergrund deutlich öfter armutsgefährdet als Hauptschüler ohne.